16
Feb
2007

Doch lieber anders

Muß so ein halbes oder dreiviertel Jahr her sein.

Die Situation: abends, ich bringe Sohn ins Bett, habe ihm eine Geschichte vorgelesen (Pippi Langstrumpf *würg*) und jetzt unterhalten wir uns noch ein paar Minuten, bevor das Licht ausgemacht wird.

Er: Papa, ich will so schlafen (dreht sich um, daß die Füße auf dem Kopfkissen liegen).
Ich: Sicher?
Er: Ja und du mußt mich so zudecken, daß nur die Füße rausgucken.
Ich: Gut.

Pause. Dann dieses (wav, 33 KB) Geräusch und weitere fünf Sekunden Ruhe. Plötzlich hektische Aktivität.

Er (kriecht unter der Decke hervor, mit leicht krächzender erstickter Stimme): Weißt Du, Papa, ich schlafe doch lieber so herum.

Kann ich verstehen.

Nur bedingt gelassen

Zur Abwechslung mal was persönliches.

Im Laufe der Jahre habe ich eine Menge er- und durchlebt. Die ganze Palette habe ich mich mitgenommen, mal mehr, mal weniger freiwillig. Ich habe gelacht, geliebt, gelitten und gefeiert und ganz allgemein einen großen Schluck aus der Pulle des Lebens genommen. Die einzigen Sachen, die ich weiträumig vermieden habe sind Drogen (außer Alkohol) und alles, was mit Aggression zu tun hat (Schlägereien, Sachbeschädigungen etc.).

Dieser Erfahrungsschatz bedeutet, daß ich eigentlich nur schwer zu überraschen bin. Auf viele Situationen habe ich eine geeignete Reaktion parat. Jedenfalls denke ich das gern von mir.

Dann das:

Sohn war ja neulich krank. Ich schrieb darüber. Als wir ihn abends ins Bett gebracht hatten, war er fiebrig, aber nicht besorgniserregend. Bevor wir ins Bett gegangen sind, habe ich, wie üblich, noch einmal bei ihm reingeschaut, um zu sehen, wie es ihm geht.

Zuerst habe ich ihn gar nicht gesehen, denn er hatte sich die Decke komplett über den Kopf gezogen. Als ich sie beiseite zog, lag er darunter. Hellwach, zähneklappernd, schweißnaß, von heftigem Schüttelfrost geplagt. Der Anblick dieses Häufchen Elends hat mich für lange Momente vollkommen hilflos gemacht. In Momenten wie diesen wird an einer Saite gezupft, die wahrscheinlich kein anderer Mensch erreichen kann. Was sie ausgelöst hat, war eine wilde Mischung aus Liebe, Mitleid, dem Wunsch helfen zu wollen und noch dem einen oder anderen. In dieser Intensität ist es mir noch nie begegnet.

Wir haben ihn dann getröstet, was trockenes angezogen und zu uns ins Bett geholt, wo er den Rest der Nacht recht gut verbracht hat.

Er ist heute wieder quietschfidel, aber dieses Gefühl an seinem Bett in dieser Nacht beschäftigt mich immer noch. Ich finde es auf eine Art, die ich nicht erklären kann, beruhigend, daß es existiert.
Wieso eigentlich?

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